Veränderte Steuerpraxis bei der Betriebsaufgabe
„Nicht nur die Betriebsübergabe, sondern auch die Betriebsaufgabe muss sorgfältig und langfristig geplant werden.“
Beraterecke vom 29.04.2022
Immer häufiger finden Landwirtschaftsbetriebe keinen familieneigenen Betriebsnachfolger mehr. Dies, weil der Betrieb langfristig keine Existenz mehr darstellt oder die Nachkommen an einer Übernahme kein Interesse haben. Somit bleibt nichts anderes übrig, als den Betrieb aufzugeben. In der Regel wird das Kulturland verpachtet, die Ökonomiegebäude möglichst umgenutzt und der nicht benötigte Wohnraum vermietet. Ein solcher Schritt muss jedoch sehr gut überdacht werden. Zum einen ist den raumplanerischen Vorgaben, aber auch den steuerlichen Aspekten Beachtung zu schenken. Den Aufgabewilligen weht vom Steueramt zurzeit ein rauer Wind entgegen.
Bis vor kurzem wurde bei der Betriebsaufgabe nur der Eigenmietwert verdoppelt. Der Betrieb verblieb im Geschäftsvermögen und wurde weiterhin beim Vermögen zum Ertragswert besteuert.
Neuerdings prüft das Steueramt bei jeder Verpachtung, ob es sich lediglich um vorübergehende Lösung handelt und der Betrieb daher noch im Geschäftsvermögen verbleiben darf. Stellt es sich heraus, dass die längerfristige, endgültige Verpachtung einer Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit gleichkommt, wird das Steueramt eine steuerliche Überführung ins Privatvermögen anstreben, was teilweise erhebliche steuerliche Abgaben zur Folge haben kann.
Liegt der Betrieb vollständig in der Landwirtschaftszone und untersteht dem bäuerlichen Bodenrecht, erfolgt die Besteuerung auf der Differenz zwischen dem aktuellen Buchwert und den Anlagekosten. Somit gelangen die während der Besitzesdauer vorgenommen Abschreibungen (inkl. Subventionen) beim Einkommen zur Besteuerung. Dies sowohl bei den Staats- und Gemeindesteuern wie auch bei den direkten Bundessteuern. Zusätzlich werden AHV-Beiträge auf dem Liquidationsgewinn fällig. Diese werden zur Berechnung der AHV-Rente nur bis Alter 64 bei Männern und Alter 63 bei Frauen berücksichtigt. Später einbezahlte AHV-Beiträge sind leider nicht mehr rentenwirksam.
Bei einer Betriebsaufgabe und gleichzeitiger definitiver Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit nach dem 55ten Altersjahr, wird der Gewinn aus Liquidation steuerlich separat abgerechnet. Dies erfolgt zu einem tieferen Steuersatz, analog der Besteuerung von Vorsorgegeldern.
Während das verpachtetet Kulturland weiterhin beim Vermögen zum Ertragswert besteuert werden kann, wird bei jedem Gebäude geprüft, ob eine landwirtschaftliche Nutzung vorliegt. Ist dies nicht der Fall, müssen diese Gebäude zukünftig zum Verkehrswert im Vermögen besteuert werden.
Im Weiteren hat das Steueramt das Recht, bei diesen Gebäuden die Differenz zwischen dem Ertragswert und dem Verkehrswert der letzten 20 Jahren mit der ergänzenden Vermögenssteuer nachzubesteuern. Bei Wohnhäusern, welche nicht mit dem Land verpachtet werden, wird diese Vermögensnachsteuer immer fällig, ob vermietet oder selbstgenutzt.
Achtung: Bauland!
Gehört ein Stück Bauland zum Betrieb oder stehen die Betriebsgebäude teilweise in der Bauzone, wird auf diesem Land die Differenz zwischen dem aktuellen Buchwert und dem aktuellen Verkehrswert mit Einkommenssteuern (nur direkte Bundessteuern) besteuert. Natürlich werden darauf auch AHV-Beiträge fällig. Für die Differenz zwischen den Anlagekosten und dem Verkehrswert kann die Besteuerung jedoch aufgeschoben werden.
Um keine Überraschungen bei der Steuerveranlagung zu erleben, ist eine sorgfältige Planung notwendig. Speziell bei Betrieben mit Bauland, ist meist eine seriöse Verkehrswertschätzung notwendig.
AGRO-Treuhand Region Zürich AG
Hans Ulrich Sturzenegger