Was sagen die Zahlen in meiner Buchhaltung über meinen Betrieb aus?
Mit dem Erhalt des Buchhaltungsabschlusses oder bei der Besprechung des Ergebnisses mit dem Treuhänder stellt sich häufig die Frage, was die Zahlen über den Betrieb aussagen. Die Kennzahlen der Buchhaltung lassen sich einfach berechnen.
Der Buchhaltungsabschluss setzt sich aus zwei Teilen zusammen, der Bilanz und der Erfolgsrechnung. Zusätzlich kann noch eine Mittelflussrechnung erstellt werden. Die Zahlen der Bilanz sind Momentaufnahmen an einem bestimmten Stichtag, in der Regel am 31. Dezember. Aus der Erfolgsrechnung lassen sich Kennzahlen über den Erfolg während eines bestimmten Zeitraums, normalerweise einem Kalenderjahr, errechnen. In der Mittelflussrechnung sind die Geldflüsse (Einnahmen und Ausgaben) ersichtlich.
Liquiditätsgrad 2
Aus der Bilanz lässt sich zum Beispiel die Liquidität von einem Betrieb berechnen. Die wichtigste Liquiditätskennzahl ist der Liquiditätsgrad 2. Es wird davon ausgegangen, dass Rechnungen innert 30 Tagen bezahlt werden müssen und Guthaben innert 30 Tagen ausbezahlt werden. Der Liquiditätsgrad 2 sagt aus, inwiefern die offenen Rechnungen mit den vorhanden flüssigen Mitteln (Kasse, Bank) und offenen Guthaben beglichen werden können. Es ist ein Wert von mindestens 120 Prozent ist anzustreben, damit noch Spielraum für unvorhergesehenes vorhanden ist. Wenn der Wert unter 100 Prozent fällt, ist der Betrieb nicht in der Lage, alle offenen Rechnungen rechtzeitig zu bezahlen und ist nicht zahlungsfähig.
Eigenfinanzierungsgrad
Bevor grössere Investitionen getätigt werden, ist es sinnvoll, den Eigenfinanzierungsgrad zu kennen. Von vielen Kapitalgebern wird ein bestimmter Anteil an Eigenkapital vorausgesetzt. Der Eigenfinanzierungsgrad gibt Auskunft darüber, wie viel Prozent der Aktiven mit Eigenkapital finanziert sind. Die Zielgrösse von dem Eigenfinanzierungsgrad ist davon abhängig, ob vor kurzem investiert wurde und dafür Fremdkapital benötigt wurde. Auf lange Sicht ist ein Eigenfinanzierungsgrad von 40 bis 60 Prozent anzustreben.
Anlagedeckungsgrad 2 oder goldene Bilanzregel
Eine weitere Bilanzkennzahl ist die sogenannte goldene Bilanzregel, der Anlagedeckungsgrad 2. Dieser sagt aus, dass langfristig im Unternehmen gebundene Anlagegüter (Anlagevermögen) durch langfristiges Kapital (langfristiges Fremdkapital, Eigenkapital) gedeckt sein muss. In erster Linie sollte es sich bei dem langfristigen Kapital um Eigenkapital handeln. Angestrebt wird ein Wert von mindestens 110 Prozent. Liegt der Anlagedeckungsgrad 2 unter 100 Prozent bedeutet dies, dass die Produktionsanlagen (Maschinen, Geräte, Gebäude, Einrichtungen, Boden etc.) nicht nur mit langfristigem Kapital finanziert sind, sondern auch mit kurzfristigem Fremdkapital (Kreditoren). Die teilweise Finanzierung der Produktionsgrundlagen mit Kreditoren (offenen Rechnungen) führt zu einer schlechten Liquidität und Liquiditätsengpässen.
Vergleichbarer Deckungsbeitrag
Eine Kennzahl aus der Erfolgsrechnung ist der vergleichbare Deckungsbeitrag (Teilkostenrechnung). Der vergleichbare Deckungsbeitrag ist eine Gegenüberstellung von Erträgen und Kosten von einem Teilbereich des Betriebes (zum Beispiel Milchvieh, Obst, Kartoffeln). Mit dem Ergebnis können die Ergebnisse des eigenen Betriebs mit Referenzbetrieben verglichen werden.
Operativer Cashflow
Eine weitere bekannte Kennzahl ist der Cashflow (Geldfluss). Mit dem Cashflow kann genau eruiert werden, wohin das Geld geflossen ist. In der Landwirtschaft wird häufig der operative Cashflow verwendet. Beim operativen Cashflow werden die privaten Einnahmen und Ausgaben (Verpflegung, Kleidung, Versicherung, Steuern etc.) bereits berücksichtigt. Das bedeutet, dass der operative Cashflow der Betrag ist, welcher für Investitionen und die Tilgung von Schulden verwendet werden kann.
Es lohnt sich, den Buchhaltungsabschluss nach dem Erhalt nicht einfach nur zu archivieren, sondern sich die Zeit zu nehmen und sich mit den Zahlen genauer auseinanderzusetzen. Die berechneten Kennzahlen sind ein Hilfsmittel bei der Betriebsführung. Anhand von den Zahlen können Vergleiche zu den Vorjahren gemacht werden und Tendenzen für die Zukunft erkannt werden.
Jana Mathis, AGRO-Treuhand Region Zürich AG
Die wichtigsten Kennzahlen
Kennzahl | Berechnung |
Liquiditätsgrad 2 in % |
Flüssige Mittel + Forderungen x 100 Kurzfristiges Fremdkapital
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Eigenfinanzierungsgrad in % |
Eigenkapital x 100 Bilanzsumme |
Anlagedeckungsgrad 2 in % |
(Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) x 100 Anlagevermögen |
Vergleichbarer Deckungsbeitrag |
Ertrag von einem Betriebszweig – Aufwand von einem Betriebszweig = Vergleichbarer Deckungsbeitrag in CHF
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Operativer Cashflow |
Einzahlungen von Kunden und Direktzahlungen – Zahlungen Lieferanten, Personal, sonstige Betriebsausgaben = Geldfluss aus Betriebstätigkeit +/- Private Einnahmen und Ausgaben = operativer Cashflow in CHF
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